Vor der Geburt meines ersten Sohnes war ich fest entschlossen, ihn dreisprachig aufwachsen zu lassen.
Es war keine leichte Entscheidung: Ich war zwar zuversichtlich, dass es möglich ist, ein Kind zweisprachig zu erziehen, aber meine Frau und ich hatten Angst, dass 3 Sprachen von klein auf vielleicht zu viel sein könnten. Heute möchte ich meine bisherigen Erfahrungen mit Ihnen teilen und Ihnen die besten Strategien verraten, um ein Kind zweisprachig (oder sogar dreisprachig) zu erziehen. 

Letztes Update: 6. Oktober 2020


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Ein Kind zweisprachig erziehen: meine persönlichen Erfahrungen mit meinem Sohn

Zuerst möchte ich meine Erfahrungen im Umgang mit meinem Sohn Noa mit Ihnen teilen. Sie können sich entweder das Video hier unten ansehen oder das Transkript lesen:

Wenn Sie meine Tipps lieber in Ruhe nachlesen möchten, dann finden Sie hier das Transkript des Videos:

Bis zum Alter von 2 Jahren waren die Erzieher im Kindergarten meines Sohnes ziemlich besorgt über seine Sprachfähigkeiten. Im Vergleich zu den anderen Kindern in seiner Gruppe sprach er nicht viel. Sein Wortschatz war weit weniger entwickelt als bei den meisten anderen Kindern und während manche von ihnen bereits Sätze bildeten, befand er sich noch in der Phase der einfachen Wortgruppierungen wie „Papa Bett“ (anstatt zu sagen „Papa ist im Bett“). 

Ich musste den Erziehern immer wieder versichern, dass diese kleine Verzögerung für dreisprachige Kinder ganz normal ist. 

Ich war mir deshalb so sicher, weil ich …

  • viele Bücher zum Thema gelesen 
  • Gespräche mit zweisprachig aufgewachsenen Personen geführt
  • Expertentipps gesammelt
  • und den erstaunlichen Fortschritt, den er in den ersten zwei Jahren seines Lebens machte, miterlebt hatte.

Heute, zum Zeitpunkt der Aufnahme dieses Videos, ist Noa ein wundervolles dreisprachiges Kind von fast drei Jahren. Er kann ziemlich lange Sätze bilden, versteht komplexe Anweisungen und kann völlig problemlos zwischen Französisch, Italienisch und Rumänisch hin- und herwechseln.

Ich wollte dieses Video aufnehmen, weil Sie wissen sollten, dass es nicht immer leicht ist, mehrsprachige Kinder aufzuziehen. Wenn Sie diesen Weg wählen, werden Sie unterwegs auf Hindernisse und Schwierigkeiten treffen, aber es ist die Mühe voll und ganz wert, und Ihre Kinder werden es Ihnen später einmal danken! 

Ich freue mich also sehr, dass ich hier mit Ihnen teilen kann, was ich durch viele Bücher und Artikel über das Thema gelernt habe, sowie durch Gespräche mit anderen Eltern zweisprachiger Kinder, und letztendlich durch meine eigene Erfahrung. Beginnen wir mit dem ersten Tipp:

 

Tipp #1: Seien Sie sich im Klaren über Ihre Motivation und Ihre Ziele, ein Kind zweisprachig (oder mehrsprachig) zu erziehen

Um den Prozess für Sie, Ihre/n Partner/in und Ihr Kind leichter zu machen, müssen Sie sich über Ihre Motivation und Ihre Ziele im Klaren sein.
Für mich war es undenkbar, dass mein Sohn kein Italienisch spricht, da es nicht nur meine Muttersprache ist, sondern auch eine Sprache, die mir viel bedeutet (weil ich sie mit meiner Familie assoziiere, mit dem Land, in dem ich aufgewachsen bin, mit einer Kultur, die ich liebe…).
Deshalb wollte ich, dass er eine wahrhaftige Verbindung zu Italien hat und die Kultur des Landes als seine eigene wahrnimmt. Meine Motivation war also ziemlich stark. Und Ihre? 
Sie müssen sich auch über Ihre Ziele im Klaren sein: 

  • Wollen Sie, dass Ihre Kinder vollkommen zwei-/dreisprachig sind? 
  • Möchten Sie, dass Ihre Kinder eine gute Sprachbeherrschung haben (vielleicht nicht wie Muttersprachler selbst, aber gut genug, um problemlos kommunizieren zu können)?
  • Oder wollen Sie lediglich, dass Ihre Kinder einfache Sätze und Wörter in der Zielsprache verstehen? 

Ihre Antworten auf diese Fragen werden alles Weitere verändern und in einer anderen Herangehensweise münden, sowie verschieden starke Bemühungen von Ihrer Seite erfordern. 

In meinem Fall ist es einfach: Ich will, das mein Sohn ein italienischer Muttersprachler ist, und die Sprache perfekt beherrscht.  

 

Tipp #2: Wählen Sie einen strategischen Fokus, um Ihr Kind zweisprachig zu erziehen

Es gibt viele verschiedene Herangehensweisen, um ein Kind zweisprachig oder dreisprachig zu erziehen. In meinem Fall habe ich mich für die beliebte OPOL-Strategie entschieden. Das bedeutet One Parent-One Language (= ein Elternteil, eine Sprache).

Diese Herangehensweise basiert auf einer ganz einfachen Regel: Jeder Elternteil spricht IMMER in seiner eigenen Sprache mit dem Kind und damit in einer anderen Sprache als der andere Elternteil. Bei uns ist das Italienisch von meiner Seite und Rumänisch (die Muttersprache meiner Frau) von der anderen Seite.
Das Ziel besteht darin, dem Kind zu helfen, eine Verbindung zwischen Sprache und Elternteil herzustellen, sodass es weiß, dass es je nach Elternteil verschiedene Sprachen sprechen muss.

Im Fall meines Sohnes Noa ist diese Verbindung sogar so groß, dass er nicht nur immer Italienisch verwendet, wenn er mit mir spricht, sondern dass er auch auf Italienisch fragt “Come dice papà?” (= Wie sagt Papa das?), wenn er ein neues Wort lernen möchte. Und er tut dasselbe, wenn es um die Muttersprache seiner Mama geht.  

Tipp #3: Bleiben Sie bei einer bestimmten Strategie, auch wenn es oft kompliziert ist oder manchmal sogar unmöglich scheint

Meine Situation ist ein wenig komplizierter als die der meisten zweisprachigen Familien. Da wir in Frankreich leben, ist einer der Nachteile der OPOL-Strategie, dass es schwer ist, die Regel zu befolgen, sobald wir nicht mehr in den eigenen vier Wänden sind.

Ich habe beobachtet, dass es manchen Menschen unangenehm ist, wenn man vor ihnen eine Sprache verwendet, die sie nicht kennen. Die Versuchung hier liegt darin, sich an diese Leute anzupassen und Ausnahmen von der Regel zu machen. Ich will aber so sehr, dass mein Sohn perfekt Italienisch spricht, dass ich den sozialen Druck ignoriere und auch vor anderen Menschen Italienisch mit ihm spreche.

Ein weiteres Problem ist, wenn andere Leute Sie mit unerwünschten Ratschlägen verschrecken. Lehrer, Ärzte, Freunde und Bekannte, sie alle verstehen vielleicht nicht, was Sie tun und bringen Sie dazu, an sich selbst zu zweifeln, vor allem, wenn Ihr Kind sich von seinen Altersgenossen unterscheidet. Nehmen wir das Beispiel der Kindergartenerzieher, die wiederholt darauf hingewiesen hatten, dass mein Sohn nicht dieselben sprachlichen Fähigkeiten wie andere Kinder hat.  

Mein Rat ist: Hören Sie nicht darauf und nehmen Sie nur Expertenmeinungen ernst! Wenn Sie Zweifel haben, lesen Sie so viele Bücher und Artikel zu diesem Thema, wie Sie können, und Sie werden sehen, dass viele Experten und Eltern ermutigende Dinge zu berichten haben.  

Bleiben Sie also bei Ihrer Wahl und geben Sie nicht auf — Sie wissen, was für Ihr Kind am besten ist!

Tipp #4: Bringen Sie Ihr Kind so oft wie möglich mit der weniger gesprochenen Sprache (Minderheitssprache) in Berührung

Um diesen Punkt ein wenig genauer zu erläutern, lassen Sie mich zunächst den Begriff Minderheitssprache ( = minority language) definieren. Adam Beck, Autor des Buches „Maximize Your Child’s Bilingual Ability” (momentan nur auf Englisch verfügbar) ist Amerikaner, mit einer Japanerin verheiratet und lebt in Japan. In seinem Fall ist es offensichtlich, dass die Minderheitssprache Englisch sein wird, weil nicht nur seine Frau Japanisch spricht (und Frauen verbringen in der Regel mehr Zeit mit den Kindern), sondern auch das Umfeld, in dem seine Kinder aufwachsen. In seinem Buch erklärt Beck, wie sehr er sich bemüht hat, seine Kinder mit der englischen Sprache in Berührung zu bringen, sodass diese zweisprachig aufwachsen konnten. 

Das ist ein extrem wertvoller Tipp: denken Sie nicht, dass Kinder automatisch die Minderheitssprache lernen werden (oder lernen wollen), nur weil sie anscheinend alles Wissen wie Schwämme aufsaugen.

Viele Experten sagen, dass Kinder mindestens 20% der Zeit, in der sie wach sind, bzw. 15 Stunden pro Woche mit der Sprache in Berührung sein sollten. 

Meine zwei Empfehlungen sind folgende: 

  1. beginnen Sie so früh wie möglich (sogar schon, wenn das Kind noch im Mutterleib ist) 
  2. verbringen Sie so viel Zeit wie möglich mit Ihren Kindern.

In meinem Fall heißt das konkret: auch wenn ich weniger Zeit mit meinem Sohn verbringe als meine Frau, lese ich ihm jeden Tag Geschichten auf Italienisch vor, wir spielen mindestens eine Stunde pro Tag miteinander und ich widme ihm meine Wochenenden.  

 

Tipp #5: Wecken Sie in Ihrem Kind den Wunsch, zweisprachig/dreisprachig zu sein

Das ist wahrscheinlich der beste Tipp, den ich Ihnen geben kann: wenn Sie wirklich wollen, dass Ihr Kind zweisprachig ist, dann motivieren Sie es dazu, es werden zu wollen!

Hier ein paar Beispiele – ein Kind spricht die Minderheitssprache gerne, um 

  • mit seinen Großeltern zu kommunizieren 
  • eine Geheimsprache mit seinen Eltern zu haben
  • eine geliebte Sprache zu sprechen, weil Sie ihm zuvor ihre schönen Seiten gezeigt haben
  • oder auch einfach, um sich unter seinen Freunden als etwas Besonderes zu fühlen. 

Egal ob es ein emotionales oder rationales Argument ist: es wichtig, in Ihrem Kind den Wunsch zu wecken, mehrere Sprachen zu sprechen und diesen Wunsch auch zu nähren. 

 

Warum sollte man sein Kind zweisprachig aufwachsen lassen?

Why to raise a bilingual child

Für manche von Ihnen beantwortet sich diese Frage vielleicht von selbst, aber für alle anderen, die noch nach der passenden Motivation suchen, warum sie Ihr Kind zweisprachig erziehen sollten (oder sogar mehrsprachig), habe ich hier eine Liste mit Gründen erstellt:

Es gibt aber noch viele andere Vorteile, wenn Kinder zweisprachig aufwachsen. Ich habe vor kurzem ein Video zum Thema bilinguale Erziehung aufgenommen, in dem ich über die Vorteile der Zweisprachigkeit spreche. Wir bei MosaLingua haben außerdem noch viele andere Artikel zum Thema Zweisprachigkeit verfasst. Also, falls Sie mehr Motivation benötigen, Ihr Kind zweisprachig aufwachsen zu lassen, werfen Sie einen Blick auf diese Auswahl:

 

Die 4 unterschiedlichen Strategien, ein Kind zweisprachig aufzuziehen

In meinem Video habe ich nur eine mögliche Strategie vorgestellt, wie man ein Kind zweisprachig erziehen kann. Steigen wir also tiefer ins Thema ein und sehen uns weitere mögliche Strategien an, um Ihnen dabei zu helfen, die für Ihre Situation geeignete Methode zu finden.

Strategie #1: One Parent – One Language (OPOL)

Wie bereits im Video gezeigt, muss dafür jeder Elternteil IMMER in seiner Muttersprache mit dem Kind kommunizieren. Es ist die Strategie, die ich für meine Familie ausgewählt habe, und ich kann sie nur jedem empfehlen. Die Vorteile dieser Strategie sind 

  1. Sie ist für das Kind ganz einfach zu verstehen
  2. Sie ist leicht umzusetzen (vor allem, wenn jeder Elternteil seine Muttersprache spricht/lehrt) 
  3. Sie bringt das Kind sehr stark mit den Sprachen in Berührung, vor allem, wenn beide Elternteile in etwa die gleiche Zeit mit ihrem Kind verbringen.

Worin liegt die Problematik der OPOL-Strategie?:

  1. Es kann unter Umständen schwierig sein, außerhalb vom eigenen Zuhause die OPOL-Regeln anzuwenden (weil manche Menschen es nicht mögen, wenn man vor ihnen eine Fremdsprache spricht).
  2. Die Minderheitssprache kann eventuell nicht stark genug präsent sein, wenn das Kind nicht genug mit ihr in Berührung kommt: das ist oft mit der Sprache des Vaters der Fall, da dieser häufig weniger Zeit zu Hause ist, vor allem während der ersten Jahre (auch wenn sich das langsam ändert!). Aber wenn der betroffene Elternteil mindestens 15 Stunden pro Woche (mehr wäre sogar noch besser) mit seinem Kind verbringt, dann umgehen Sie dieses Risiko. 

Wie führt man innerhalb der OPOL-Strategie ein Familiengespräch?

Eine Frage, die man mir oft stellt, ist: „Wie schaffen Sie es, mit der OPOL-Strategie zu dritt ein Familiengespräch zu führen?“. Die beste Lösung, die ich finden konnte, ist jene des Sprachenwechsels: Ich beginne mit meinem Sohn ein Gespräch auf Italienisch, und er antwortet auf Italienisch. Dann fragt er seine Mutter etwas auf Rumänisch und sie spricht Rumänisch mit ihm. Wenn meine Frau danach mit mir spricht, verwendet sie weiter Rumänisch (welches ich spreche und verstehe), aber ich antworte auf Italienisch. So wechselt das Kind seine Sprache, je nachdem mit welchem Elternteil es kommuniziert, und die Eltern halten sich an die one parent = one language Regel.

Strategie #2: Minderheitssprache zu Hause (ML@H)

Hier sprechen beide Eltern nur die Minderheitssprache zu Hause. Diese Strategie wird oft von zwei Elternteilen gewählt, die dieselbe Muttersprache sprechen: zum Beispiel zwei spanischsprachige Elternteile, die in Großbritannien leben. Sie könnten zu Hause nur Spanisch sprechen und Englisch in der Öffentlichkeit. Wenn die Eltern zweisprachig sind, tendieren sie dazu, die Minderheitssprache zu Hause zu sprechen. 

Ich habe diese Option in Erwägung gezogen, als wir darüber sprachen, unseren Sohn in Italienisch aufzuziehen: meine Frau spricht perfekt Italienisch, also wäre es einfach gewesen, Italienisch mit dem Zuhause zu assoziieren. Aber für dreisprachige Kinder ist diese Option ein wenig zu kompliziert.  

Sehen wir uns die Vorteile der Strategie an: 

  • sie lässt die Kinder sehr stark mit der Minderheitssprache in Berührung kommen (weil Kinder normalerweise viel Zeit zu Hause verbringen).
  • wenn Sie mehr als ein Kind haben, dann können die Brüder und Schwestern diese Strategie verwenden, um zu einer gemeinsamen Sprache zu wechseln, je nachdem, wo sie sich befinden. Ich habe diese Strategie für Noas Bruder (der bald auf die Welt kommt) in Erwägung gezogen: statt die Kinder eine Sprache wählen zu lassen (das wäre ziemlich sicher Französisch), werde ich Ihnen nahelegen, zu Hause Italienisch zu sprechen und außer Haus Französisch. 

Die größten Nachteile dieser Herangehensweise sind 

  • dass sie nicht angewandt werden kann, wenn einer der Elternteile die Hauptsprache nicht spricht (er/sie kann auch außerhalb des Hauses nur die Minderheitssprache sprechen) 
  • die Assoziation eine Sprache = ein Ort könnte weniger stark sein als die one language = one person Strategie.
  • für manche Kinder könnte es eigenartig sein, mit ihren Eltern in zwei Sprachen zu sprechen. 

Laut Margaret Deuchar, der Autorin von  “Bilingual Acquisition: Theoretical Implications of a Case Study (momentan nur auf Englisch verfügbar), sind Kinder allerdings perfekt dazu in der Lage, einen Ort und keine Person zu benutzen, um ihre Sprachwahl zu steuern. Und sie haben auch keine großen Probleme damit, mit derselben Person je nach Kontext in unterschiedlichen Sprachen zu kommunizieren. 

Strategie #3:  Zeit und Ort (T&P = Time and Place)

Eine weitere Strategie wird Time and Place genannt und besteht darin, verschiedene Sprachen zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten zu verwenden. Sie ist sozusagen eine Mischung der beiden vorherigen Strategien. Eine Familie könnte zum Beispiel während der Woche die One Parent-One Language Regel befolgen und die Minderheitssprachen-Regel zu Hause an den Wochenenden. 

Die Vorteile sind

  • mehr Abwechslung und Flexibilität in der zweisprachigen Erziehung
  • keine peinlichen sozialen Situationen am Wochenende, wenn die Familie von Menschen umgeben ist, die die Lokalsprache verwenden (z.B. Freunde, die die Familie besuchen, Bekannte/Verwandte, die die Familie einladen und so weiter…).

Die größten Schwierigkeiten dabei:

  • es ist verwirrend, vor allem zu Beginn: was ich bei meinem Sohn beobachtet habe, ist, dass ein kleines Kind sehr genaue Regeln braucht und dass verschiedene Strategien es verstören können. Deshalb bin ich kein großer Fan dieser Strategie. Aber auch hier gilt: Sie sollten Dinge selbst ausprobieren, um sicher zu sein. Ich habe mich dagegen entschieden, weil es mir zu riskant schien.   

Strategie #4: Mixed Language Policy (MLP)

Hier benutzen die Eltern für die bilinguale Erziehung jene Sprache, die am besten zu einem Thema oder einer Situation passt. Normalerweise ist es der Sprechende, der über die Sprache bestimmt, je nach Situation: so könnte Ihr Kind z.B. beschließen, über Schulthemen in der Hauptsprache zu sprechen (weil das die Unterrichtssprache ist) und die Minderheitssprache verwenden, um über familienbezogene Themen zu sprechen.  

Für mich hieße das, mein zwei- oder dreisprachiges Projekt dem Zufall und der Unberechenbarkeit zu überlassen: es ist ziemlich klar, dass es hier viele Risiken gibt, was die Minderheitssprache betrifft. Also, wenn Sie wie ich ein Kind zweisprachig oder sogar dreisprachig erziehen möchten und Ihnen die Sache wichtig ist, empfehle ich stark, dass Sie diese Strategie nicht als Hauptstrategie verwenden (einfach deshalb, weil es im Vergleich zu den Vorteilen zu viele Nachteile gibt).

 

Für welche Strategie für die zweisprachige Erziehung sollten Sie sich entscheiden?

Raise a bilingual child: why?

Wie wir gesehen haben, gibt es verschiedene Strategien, um ein Kinder zweisprachig oder mehrsprachig aufzuziehen und Ihrer Situation entsprechend, wollen Sie natürlich die richtige auswählen.  Ohne auf alle möglichen Szenarien einzugehen, lassen Sie mich Ihnen Empfehlungen für die zwei am weitesten verbreiteten Strategien geben: 

  • Eltern mit derselben Muttersprache, die im Ausland leben und ein Kind zweisprachig erziehen wollen (z.B. zwei italienische Expats, die in den USA leben): eine der ersten 3 Strategien wäre geeignet, da ein geringeres Risiko für die Minderheitssprache besteht. Ich würde One-Parent One Language empfehlen (vor allem für zukünftige trilinguale Kinder) oder aber auch Minority Language at Home.
  • Eltern, die nicht dieselbe Muttersprache haben, die im Land eines Elternteils leben und ein Kind zweisprachig erziehen möchten (z.B. ein französisch-italienisches Paar, das in Frankreich lebt): Ich würde mich auf jeden Fall für One-Parent One Language entscheiden. Dadurch, dass eine der Sprachen auch im Land gesprochen wird, ist der Einfluss hier sehr groß, also muss die Minderheitssprache geschützt werden.

Ich weiß, es ist nicht einfach sich für die richtige Strategie zur bilingualen Strategie zu entscheiden und jeder Fall ist anders: im Zweifel empfehle ich die OPOL- Strategie als sicherste Wahl (wenn anwendbar).

 

Eine Mischung verschiedener Strategien: ein interessantes Beispiel für eine Misch-Strategie von einem Teamkollegen

Vergessen Sie nicht, dass Sie die genannten Strategien Ihren Bedürfnissen nach mischen können. Ein gutes Beispiel für eine Mischstrategie kommt von einem unserer Kollegen. Wir haben außer dem Mitbegründer MosaLinguas noch einen anderen Samuel im Team, der Brite ist, aber in Rumänien lebt. Er verwendet die beliebte OPOL-Strategie, und spricht Französisch mit seinen Söhnen (er hat lange in Frankreich gelebt), während seine Frau Englisch spricht (sie ist Rumänin, spricht aber perfekt Englisch)
Als die beiden merkten, dass ihre Söhne nicht gerne in der Öffentlichkeit in der Hauptsprache Rumänisch mit ihnen sprachen, beschlossen sie, zusätzlich die Zeit und Ort-Strategie zu verwenden: im Badezimmer, vor allem abends, wenn die Kinder baden, müssen alle Rumänisch sprechen! 

Und weil Samuel Sprachen liebt (er spricht 5), benutzt er jetzt die Mixed Language Policy, um seinen Kindern Spanisch beizubringen: wenn die Familie Spiele spielt, wie z.B. UNO, dann spricht jeder Spanisch und er sagte mir, dass das nicht nur super klappt, sondern den Kindern auch noch riesigen Spaß macht!

Also, nochmal zusammengefasst, verwendet Samuel:

  • die OPOL-Strategie als Hauptstrategie
  • die Time and Place-Strategie abends, um den Kindern zu helfen, mit ihren Eltern die Landessprache zu verwenden
  • die Mixed Language Policy, um seinen Kindern Spanisch beizubringen, wenn die Familie Spiele spielt.

Wie erzieht man ein Kind zweisprachig in einem einsprachigen Haushalt?

How to raise a bilingual child in a monolingual household

Während ich das Buch „Raising a Bilingual Child“ von Barbara Zurer Pearson las (das übrigens sehr zu empfehlen ist!),  war ich sehr davon überrascht, wie viele Eltern in einsprachigen Haushalten/Umgebungen Ihr Kind zweisprachig erziehen wollen.  Ein Kind zweisprachig aufwachsen zu lassen, obwohl man selbst Nicht-Muttersprachler ist, kann ungewöhnlich erscheinen, aber tatsächlich viele Menschen weltweit bringen ihren Kindern eine Sprache bei, die nicht ihre Muttersprache ist. Ich erinnere mich an den Fall eines Australiers, der ein Jahr in Deutschland studierte und sich entschloss, sein Kind zweisprachig (Englisch+Deutsch) aufwachsen zu lassen. Ich muss sagen: ich bewundere ihn, weil ich weiß, dass es für mich nicht leicht wäre, mit meinem Kind in einer Sprache zu sprechen, die nicht meine Muttersprache oder die Landessprache ist.
Dazu muss ich sagen, dass ich Familien kenne, die diese Methode erfolgreich anwenden (vor allem in Rumänien, wo es ein Trend ist, Englisch als Zweitsprache zu Hause zu verwenden) und auch im oben genannten Buch gibt es viele Erfolgsberichte der Autorin.

Natürlich gibt es ein paar Mindestanforderungen, um diesen Weg einzuschlagen:

  • Sie müssen die Sprache, die Sie ihren Kindern beibringen wollen, gut beherrschen: ich würde sagen, Ihre Kenntnisse sollten mindestens auf der Mittelstufe liegen, um sich bei der Sprachanwendung nicht eingeschränkt und frustriert zu fühlen;
  • Sie brauchen eine sehr starke Motivation, denn dadurch, dass es sich nicht um Ihre Muttersprache handelt, kann es sein, dass Sie das Projekt „Bilinguale Erziehung“ bald abbrechen
  • Ihr Kind muss verstehen, warum Sie tun, was Sie tun (machen Sie sich auf Fragen gefasst, die leicht zu beantworten sind, wenn es sich um die Muttersprache handelt, aber nicht so leicht in diesem spezifischen Fall).

Vorausgesetzt Sie erfüllen eine dieser 3 Bedingungen, denke ich, dass es eines der besten Geschenke ist, wenn ein Kind zweisprachig aufwachsen kann! Also, falls Sie sich noch nicht sicher sind, ermutige ich Sie hiermit, es zu versuchen!

 

Die besten Bücher zum Thema „Wie erziehe ich ein Kind zweisprachig?“

Ich habe viele Bücher über das faszinierende Thema bilinguale Erziehung gelesen, also dachte ich, es wäre nützlich, meine Favoriten mit Ihnen zu teilen (in Reihenfolge der mir liebsten Bücher):

  1. Raising a Bilingual Child – Barbara Zurer Pearson
  2. Maximize Your Child’s Bilingual Ability: Ideas and inspiration for even greater success and joy raising bilingual kids – Adam Beck
  3. Be Bilingual – Practical Ideas for Multilingual Families – Annika Bourgogne
  4. The Bilingual Edge: Why, When, and How to Teach Your Child a Second Language – Kendall King und Alison Mackey
  5.  7 Steps to Raising a Bilingual Child – Naomi Steiner

Wenn Sie nur eines lesen wollen, dann ist Raising a Bilingual Child die beste Wahl. Einige der Ideen aus diesem Artikel stammen aus dem Buch (z.B. die 4 Strategien). Mir hat gefallen, dass es viele Beispiele aus dem realen Leben enthält, auch von Menschen, die es versucht haben und gescheitert sind (ja, das kann auch passieren) und von anderen, die Erfolg hatten. Deshalb finde ich es sehr nützlich.

Schlussfolgerung

Ein Kind zweisprachig zu erziehen ist eine außergewöhnliche und aufregende Reise. Wie gesagt: es ist eines der besten Geschenke, die Sie Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter machen können: Ihr Kind zweisprachig aufwachsen lassen! Ich möchte Sie dazu ermutigen, die bilinguale Erziehung selbst auszuprobieren. Es wird Hindernisse und Herausforderungen geben, aber wenn Sie das Ziel im Auge behalten und der Sache den richtigen Wert beimessen, dann können Sie es schaffen!  

Ich habe noch viel zum Thema zweisprachige Erziehung zu sagen, und obwohl das ein langer Artikel war, haben Sie vielleicht noch Fragen oder Zweifel. Falls das so ist,  hinterlassen Sie uns bitte einen Kommentar! Ich beantworte gerne Ihre Fragen mit meiner Erfahrung und meinem Wissen darüber, wie man ein Kind zweisprachig erziehen kann.

Unsere anderen Artikel zum Thema Zweisprachigkeit

Wir haben verschiedene interessante Artikel zum Thema Zweisprachigkeit und ihre Vorteile geschrieben. Wenn Sie mehr über dieses faszinierende Thema wissen wollen, dann sehen Sie sich die folgenden Artikel an: