Der Demenzverlauf kann laut einer Studie durch das Beherrschen von mindestens zwei Sprachen verzögert werden. Bei MosaLingua haben wir uns einmal genauer mit der Wirkung von Sprachkenntnissen auf die Alterung unseres Gehirns beschäftigt. Sehr schöne Studien haben nämlich in der Tat die obere Aussage bewiesen. Demnach werden Symptome von Alzheimer verzögert, wenn Sie mehrsprachig sind. Sind Sie neugierig geworden? Dann spannen wir Sie nicht länger auf die Folter und steigen gleich in das Thema ein.
Letztes Update: 5. Juni 2024
Zweisprachigkeit und Demenzverlauf
Die Professorin Ellen Bialystok* der Universität von York in Toronto interessiert sich seit mehreren Jahren (ja, sie auch) für den Einfluss von Sprachen auf das menschliche Gehirn. Sie hat bereits einige Publikationen zu diesem Thema herausgebracht. Im Jahre 2010 hat Sie zusammen mit ihrem Team an kanadischen Wissenschaftlern bewiesen, dass Zweisprachigkeit das Auftauchen der ersten Anzeichen von Alzheimer um 5 Jahre verlangsamt.
Eine kurze Erklärung: das Forschungsteam hat sich dabei auf die Patientenakten von über 200 an Alzheimer erkrankten Menschen gestützt. Die Studie hat gezeigt, dass diejenigen unter den 200 Patienten, die praktisch ihr ganzes Leben zwei Sprachen gesprochen haben, über kognitive Reserven verfügen. Durch diese können sie der Krankheit länger als einsprachigen Menschen trotzen, bevor sich die ersten Krankheitssymptome bemerkbar machen.
Wenn wir von Symptomen sprechen, dann geht es vor allem um den Gedächtnisverlust und die Verwirrung, die für gewöhnlich mit Altersdemenz einhergehen. In einem Satz kann man also sagen, dass die kognitiven Reserven von polyglotten Zeitgenossen diesen dabei helfen, das Auftreten der Alzheimersymptome zu hinauszuschieben. Man hat bei zweisprachigen Menschen 3 bis 4 Jahre später als bei einsprachigen Menschen Alzheimer diagnostiziert. Die ersten Symptome der Krankheit tauchten bei zweisprachigen Menschen 5 Jahr später als bei einsprachigen auf.
2007 hat die Professorin Bialystok von dem gleichen Forschungsteam umgeben bereits bewiesen, dass Zweisprachigkeit die ersten Symptome von Alzheimer bereits um ganze 4 (und nicht 5) Jahre verzögert. Dies geschah im Rahmen einer Studie mit 184 an Alzheimer und anderen Demenzarten erkrankten Patienten. Schaut man sich die genauen Zahlen an, so liegt das Durchschnittsalter, bei dem bei einsprachigen Menschen Alzheimer diagnostiziert wurde, bei 71,4 Jahren und das entsprechende Alter für mehrsprachige Leute liegt bei 75,5 Jahren. Mit der Studie aus dem Jahr 2010 sollte weitergeforscht werden.
Das exekutive Kontrollsystem und der Erklärungsversuch
Das klingt interessant, aber wie ist das möglich? Ellen Bialystok würde es folgendermaßen erklären: zweisprachige Menschen müssen sich in ihrem Leben immer entscheiden. Da Sie die Wahl zwischen zwei Sprachen haben, müssen Sie zwischen diesen beiden abwägen, bzw. schlichten. Jemand, der zum Beispiel Deutsch und Englisch spricht, sagt entweder Hund oder dog, wenn er einen Hund sieht, was von seinem Gesprächspartner abhängig ist. Auch wenn der andere davon nichts mitbekommt (von der Entscheidung ob Hund oder dog), so denkt der mehrsprachige Mensch an diese beiden Wörter. Das exekutive Kontrollsystem des Gehirns von unserem Zweisprachigen ist immer aktiv.
Was ist das exekutive Kontrollsystem? Jedes Gehirn verfügt über eines. Es entspricht den Zonen, durch die das Gehirn Überschneidungen vermeiden kann, wenn jemand, der zwei Sprachen spricht, sich für eine der beiden Sprachen entscheidet. Also quasi Kontrollzonen.
Die von Bialystok durchgeführten Studien haben gezeigt, dass die konstante Nutzung dieses exekutiven Kontrollsystems des Gehirns auch die Erklärung dafür liefert, dass zweisprachige Menschen das Lösen von manchen Aufgaben sowie der Wechsel zwischen verschiedenen Tätigkeiten leichter fällt und sie besser im Multitasking sind. Das exekutive Kontrollsystem des Gehirns wird von ihnen besser beherrscht. Genau diese bessere Nutzung des Systems macht sie auch resistenter gegen Alzheimer beziehungsweise lässt dies den Demenzverlauf bremsen.
Ist dem noch etwas hinzuzufügen?
Ja und nein. Die Studie spricht für sich: Mehrsprachigkeit beeinflusst die Funktionsweise unseres Gehirns, und wie erwiesen wurde, kann so der Demenzverlauf verzögert werden. Dazu gibt es nichts hinzuzufügen. Aber man darf keine Fehlschlüsse ziehen: Das Lernen einer neuen Sprache (oder einer anderen Sprache als der Muttersprache) ist leider kein Mittel gegen Alzheimer.
Nur das tägliche Sprechen einer Fremdsprache bzw. einer zweiten Sprache hat den Demenzverlauf bei Alzheimer-Patienten aufgehalten. Sprich, diese Leute waren schon seit langem zweisprachig, sie haben quasi ihr ganzes Leben zwei Sprachen gesprochen. Am Ende bleibt dies aber eine tolle und lehrreiche Studie, deren Resultate uns Lust darauf machen, an die Wissenschaft zu glauben und an Sprachen 😉
Unsere Artikel zum Thema Zweisprachigkeit
Wir haben verschiedene interessante Artikel zum Thema Zweisprachigkeit und ihre Vorteile geschrieben. Wenn Sie mehr über dieses faszinierende Thema wissen wollen, dann sehen Sie sich die folgenden Artikel an:
- Kennen Sie die Vorteile der Zweisprachigkeit?
- Das zweisprachige Gehirn (auf Englisch)
- Die 10 gesundheitlichen Vorteile der Zweisprachigkeit (auf Englisch)
- Ein Kind zweisprachig erziehen: 4 Expertentipps + meine Erfahrung als Vater eines dreisprachigen Kindes
*Ellen Bialystok, Lehrerin und Wissenschaftlerin an der York-Universität in Toronto arbeitet auch mit dem Forschungsinstitut Rotman im Geriatriezentrum Baycrest zusammen.
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