„Mein Bruder spricht 5 Sprachen fließend, unglaublich, oder?“ – „Wow, du sprichst Englisch und Spanisch und Französisch und und und … wie machst du das nur?“ – so die Reaktionen von vielen Leuten, wenn Sie einen Polyglotten, also einen Menschen, der mehrere Sprachen spricht, treffen. Sie behandeln ihn also fast wie einen Alien, nicht wahr? Zumindest aber wie eine Person, die ein besonderes Talent hat und die irgendwie „nicht von dieser Welt“ ist. Lucas Gesprächspartnerin in diesem Video, Lydia Machova (Dolmetscherin und Sprachmentorin) erklärt im Interview, dass das ein Mythos ist. Lydia hat selbst eine Vielzahl an Sprachen gelernt (und ist fleißig dabei, immer noch eine draufzusetzen) und verrät uns ihre persönlichen Lernstrategie. Sie glaubt also: Es gibt kein „Sprachen-Gen“, jeder von uns kann es schaffen – wichtig ist allerdings, wie wir lernen. Erfahren Sie durch unser Interview, wie Polyglots Sprachen lernen.

Polyglots - Lydia Machova

 

Interview mit Lydia Machova – das Video

Unsere Sprachexpertin erklärt Luca, wie sie in ihrem Beruf als Dolmetscherin von ihren Sprachkenntnissen profitiert und was sie als Sprachmentorin an ihre Studenten weitergeben kann. Sie lüftet ein Geheimnis: Was genau macht einen „guten“ Sprachschüler aus? Die Antwort auf diese Frage finden Sie im Video.

Luca hat das Interview mit Lydia auf Englisch geführt, aber Sie können es natürlich mit deutschen Untertiteln sehen – oder spanischen, französischen, portugiesischen, italienischen, .. 😉

Das Video ist Teil unserer Serie von Interviews mit Sprachexperten. Noch mehr exklusive Tipps und Tricks von Polyglots finden Sie hier. Und um noch mehr exklusive Geheimnisse über das Sprachenlernen zu entdecken und nichts zu verpassen, abonnieren Sie unseren Youtube-Kanal.

 

Sprachenlernen wie die Polyglots – unser Experteninterview mit Lydia Machova

„Hallo, ich bin Luca von MosaLingua. Ich bin heute sehr glücklich, denn ich bin hier mit Lydia Machova. Ich hoffe, ich habe es richtig ausgesprochen. Also Lydia ist Dolmetscherin. Sie ist ein Polyglot. Sie ist die Chef-Organisatorin des Polyglots Gatherings in diesem Jahr und sie arbeitet auch als Sprachmentorin. Wir werden genauer herausfinden, was Sprachmentorin bedeutet. Meine erste Frage betrifft natürlich deinen Sprachhintergrund.“

„Nun, ich habe angefangen, meine erste Fremdsprache zu lernen, also Englisch, als ich 11 war und dann machte ich mit Deutsch weiter, als ich 15 war. Und dann, im Alter von 19, begann ich mehr oder weniger alle zwei Jahre eine neue Sprache zu lernen: Spanisch, Polnisch, Französisch, Esperanto und Russisch, in dieser Reihenfolge.“

„Okay sehr, sehr beeindruckend. So hast du bislang mehrere Sprachen gelernt und deine Muttersprache ist Slowakisch. Ich bin sehr neugierig zu erfahren, was deine ersten Schritte sind, wenn du anfängst, eine Sprache zu lernen?“

„Ich beginne immer gleich: Ich kaufe ein Buch für Autodidakten, also Leute, die selbstständig lernen und ich benutze die Rückübersetzung, das bedeutet, dass ich diese Texte ins Slowakische übersetze, in ein spezielles Notizbuch übertrage und dann gehe ich den Text Satz für Satz durch und übersetze alles zurück in die Zielsprache. Und  zwar so lange, bis ich den Inhalt fließend sprechen kann. Und auf diese Weise lerne ich viel Wortschatz im Kontext und dann fahre ich mit anderen Aktivitäten fort, die Spaß machen.“

„Ich würde gerne wissen, ob dein Beruf als Dolmetscherin dir irgendwie bei beim Lernprozess geholfen hat?“

„Ja das ist definitiv der Fall, dass du als Dolmetscher die Sprachen lernen musst, so dass du sie gut sprechen kannst. Aber auch wenn du sie verwendest, während du als Dolmetscher arbeitest, hilft es dir, in den Sprachen fit zu bleiben, also ist es ein symbiotischer Prozess: Eins hilft dem Anderen.“

„Gut, ich weiß also, dass du eine Sprachmentorin bist. Du hast vor kurzem deine Webseite Languagementor gestartet.“

„Eigentlich ist es Languagementoring.com“

„Entschuldigung, Languagementoring.com, also hilfst du vielen Studenten und so denke ich, dass du die Unterschiede zwischen erfolgreichen Lernenden und erfolglosen Lernenden sehen kannst. Was ist deiner Meinung nach der Schlüssel zum Erfolg beim Sprachenlernen, nach dem, was du bei der Arbeit mit diesen Studenten beobachtet hast?“

„Ja, ich glaube, es gibt etwas Wichtiges, das die Leute tun müssen, um eine Sprache erfolgreich zu lernen, und das ist, sich zu entscheiden, es wirklich selbst zu tun. Und ich sehe, das ist wirklich der größte Unterschied, weil es so viele Sprachschüler gibt, die zum Sprachunterricht gehen, usw. aber nicht wirklich lernen wollen. Sie wollen alle gelehrt werden und ich denke, das ist wirklich der größte Unterschied, denn wenn die Schüler verstehen, dass sie die meiste Zeit damit verbringen müssen, die Sprache selbst zu lernen, dann wird es erfolgreich. Und sogar Leute, die schon lange mit der Sprache kämpfen, beginnen plötzlich, Fortschritte in ihrem eigenen Lernen zu sehen und das motiviert sie, mehr und mehr zu lernen. So denke ich die Hauptsache, der Hauptfehler, den die Leute machen ist, dass sie nur ein bisschen lernen und Hausaufgaben machen, aber sonst gehen sie einfach zum Unterricht und sagen sich: „Okay belehre mich“, weißt du? “Sie sind der Lehrer, machen Sie Ihren Job” und das ist klar, das funktioniert nicht.“

„Okay, und denkst du, dass es andere sehr wichtige Hindernisse gibt, abgesehen von dem, was du bereits erwähnt hast, was einen erfolglosen Lernenden betrifft?“

„Natürlich gibt es mehrere. Ich möchte vier Punkte aus meinem System erwähnen, und der erste ist, dass die Leute Spaß haben müssen, wenn sie eine Sprache lernen. Wenn man es nicht gern macht, dann behält man es einfach nicht im Kopf, und du kannst Stunden damit verbringen und dein Gehirn sagt: “Ich bin nicht interessiert“. Und dann ist die zweite Sache, dass du viel Kontakt mit der Sprache brauchst, also ist es einfach nicht genug, wenn du hier und da mal einen kleinen Text liest. Du musst wirklich eine Menge Bücher lesen, viele Videos sehen usw., das braucht seine Zeit und dann drittens, ist es viel besser, es regelmäßig zu machen. In kleinen Portionen, nicht wenn du acht Stunden jeden Sonntag mit der Sprache verbringst. Zum Schluss ist es am besten, wenn du ein System hast, wenn du sagst ok, ich wache morgens auf, ich werde mir die Mühe machen, 20 Minuten zu lernen und dann am Abend, bevor ich ins Bett gehe, tue ich es auch noch einmal.“

„Eine andere, sehr interessante Sache an dir ist, dass du alle Sprachen, die du sprichst, gelernt hast, ohne lange im Ausland gelebt zu haben, also wo die Sprache gesprochen wird. Denn mir gefällt die Annahme wirklich nicht, dass du dort leben musst und so, also würde ich gern einige Details dazu haben: Was denkst du über diese Art des Lernens?“

„Ich denke, dass das nur durch das Internet möglich geworden ist . Ich meine, das war vorher wirklich nicht möglich, denn mit wem konntest du schon sprechen? Ich meine, wie konntest du die Sprache üben? Wo konntest du alle diese Bücher finden und all diese Dinge hören? Heutzutage kannst du dir dein eigenes Land schaffen, wenn du online bist, weil du so viele Hörbücher und Videos usw. hören kannst und du kannst Bücher, Textbücher herunterladen, was immer du auch willst. Es ist alles da draußen, so kann ich die Umwelt schaffen, die fremdsprachige Umgebung, hier in der Slowakei, ohne im Ausland leben zu müssen. Und das ist die Art und Weise, wie ich es mache. Ich gehe gern ins Ausland und ich reise viel, aber ich gehe nur, wenn ich das Niveau B1 oder höher in der Sprache erreicht habe. Ich habe zum Beispiel zehn Monate in Polen verbracht. Als ich hinging, hatte ich schon ein C1 Level. Ich habe wirklich hier in der Slowakei gelernt und dann bin ich einfach ins Ausland gegangen, um die Sprache zu benutzen, und ich denke, das funktioniert viel besser, denn wenn du in ein fremdes Land gehst und du noch nicht sprichst, wirst du zufällig Wörter aufschnappen, hier und da. Aber es ist nicht sehr effektiv. Wenn du aber schon auf einem B1-Niveau sprichst, kannst du sehr schnell besser werden, weil du plötzlich Dinge verstehst und du alles miteinander verbinden kannst und es ist einfach so viel intensiver.“

„Ich habe das Video von Lydia gesehen, in dem sie Deutsch und Russisch spricht, der erste Eindruck, die erste Reaktion der meisten Leute ist, zu sagen, wie talentiert die Frau doch ist. Sie ist ein Genie, sie ist ganz besonders, also würde ich gerne deine Meinung dazu haben. Sind Polyglots einfach nur wirklich talentiert oder besondere Menschen oder haben sie nur andere Geheimnisse?“

„Ja, das ist es, was die meisten Leute denken: „Alle diese Polyglots sind so super talentiert.“ Es ist nicht wahr, ich denke, wenn du alle anderen 400 Leute bei diesem Treffen fragst, wird jeder dir sagen, dass es nicht um das Talent geht, dass es oft nur eine Ausrede ist. Wenn wir wirklich ehrlich sind, ist das oft eine Ausrede von Leuten, die keine Sprachen lernen wollen, die sie seit einiger Zeit mit Problemen zu lernen versuchen, und die diese Ausrede mögen. Klar, wenn sie seit zwanzig Jahren gelernt haben und sie eine dumme Sprache nicht lernen können. Du musst talentiert sein, weil du 20 richtig lernen kannst, aber ich sage den Leuten immer, dass es nicht um das Talent geht, es geht um den Kontakt und dass ich vielleicht einen anderen Ansatz beim Lernen von Sprachen habe und vielleicht haben sie einen anderen und auch wenn man nur ein bisschen darüber nachdenkt, etwas offen für diese Möglichkeit des Lernens auf eine andere Art und Weise ist, könnte es funktionieren, was im Klartext bedeutet, dass sie endlich das Lernen in die eigene Hand nehmen und sie von sich aus lernen.“

„Herzlichen Dank Lydia, das war sehr interessant. Ich hoffe, dass Sie ihre Tipps genossen haben, also vielen Dank, dass Sie das Video angesehen haben. Bis bald, Dankeschön!“